Chronik Pfarrgemeinde St. Joseph und St. Judas Thaddäus Thomasberg - Heisterbacherrott

18. September 2005

Zuständig von Wallfahrt bis Weiberfastnacht
KIRCHE
Die katholische Frauengemeinschaft Heisterbacherrott feiert am Sonntag ihr 125-jähriges Bestehen. Das Aufgabenspektrum er kfd und der persönliche Hintergrund ihrer Mitglieder sind vielfältig

Von Uta Effern-Salhoub

Der Frauen- und Mütterverein nach dem Neubeginn 1952: Inge Frankenberg (2. von rechts) übernahm damals den Vorsitz. Am Sonntag zählt sie zu den Gratulanten.              FOTO: PRIVAT

HEISTERBACHERROTT.
Es sind die kleinen Aufmerksamkeiten, die zählen: ein Besuch bei einem Kranken, ein Blumengruß zum Geburtstag, ein persönlich überbrachtes Präsent zur Goldhochzeit oder Taufe. Jede Helferin der katholischen Frauengemeinschaft (kfd) Heisterbacherrott betreut ihren Bezirk mit wachem Auge für die Mitmenschen. Kontakt zum Nächsten wird groß geschrieben. Die 13 Helferinnen sammeln in den ihnen zugeteilten Straßen auch höchstpersönlich den Jahresbeitrag in Höhe von acht Euro von den zurzeit 220 Mitgliedern ein, „damit der Kontakt bestehen bleibt", sagt die erste Vorsitzende Hiltrud Görres.
An diesem Wochenende feiern die Frauen das 125-jährige Bestehen ihrer Gemeinschaft, die als ältester Verein im Ort gilt. Hiltrud Görres kümmert sich seit 1987 als Vorsitzende um die Geschicke der kfd, seit 2002 ist Lydia Klehr ihre Stellvertreterin. Bei der Jahreshauptversammlung im April 2006 möchte Görres ihr Amt nach dann mehr als 18 Jahren in jüngere Hände abgeben. Der Mitgliederkreis ist heute bunt gemischt, „wir sprechen natürlich eher Frauen ab 35, 40 an, deren Kinder schon größer sind". Etliche Mitglieder kombinieren Familie, Beruf und kfd: „Wir haben viele Berufstätige, vor allem halbtags Beschäftigte, in unseren Reihen", so Görres, inzwischen selber Großmutter zweier Enkel. Zu Karneval übt die kfd die meiste Anziehung auf die Jüngeren aus: Dann richten die Frauen seit 1977 bereits in Eigenregie ihre beliebte Weiberfastnachts-Sitzung aus. Ein fester Termin ist das im Kalender vieler Bürgerinnen des Ortes, auch der neu Hinzugezogenen.
Überdies werden in Absprache mit der Kirchengemeinde Messen, Kreuzwegandachten und Wallfahrten vorbereitet und durchgeführt, Taufen mitgestaltet und Erntedankfeste organisiert, Arbeiten für Basare übernommen sowie Besinnungsnachmittage, Infoabende zu Erziehung, Koch- und Nähkurse veranstaltet. Zwischen 1979 und 1987 übergaben die Frauen aus Basarerlösen fast 29 000 Euro an soziale Einrichtungen.
Am 21. Juli 1880 teilte der damalige Rektor Martin Franken der „hochlöblichen Erzsodalität in Regensburg" mit, dass in Heisterbacherrott, damals noch Filiale der Pfarrei in Niederdollendorf, ein „Verein christlicher Mütter" unter seiner eigenen Leitung ins „Leben getreten" sei. Am 19. August 1880 erfolgt dann die Mitteilung an die Pfarrei in Niederdollendorf, dass die Statuten des Vereins Christlicher Mütter in Heisterbacherrott mit denen der „hiesigen Erzbruderschaft" übereinstimmen. Dann tut sich nach Ermittlungen von Winfried Görres, der im Kirchenvorstand von Sankt Judas Thaddäus und im Heimatverein Heisterbacherrott mitarbeitet, ein großes schwarzes Loch auf: Ähnlich wie beim Kirchenchor werden vermutlich alle Vereinsunterlagen im Saal Lehmacher gelagert und durch eine Brandbombe am Ende des Zweiten Weltkrieges vernichtet.
Görres: „Ende der 1960er Jahre war es der Aufmerksamkeit eines Dorfbewohners zu verdanken, dass er in herausgestellten Sachen, die nach Räumung einer Wohnung vernichtet werden sollten, den Wert eines Schriftstückes erkannte." Dabei handelte es sich um die Originalsatzungen der Frauengemeinschaft von 1880. Die Chronik beginnt erst wieder im September 1952, als Frauen von Heisterbacherrott in der Volksschule zur Neugründung zusammenkommen. Der Beitrag beträgt monatlich zehn Pfennig. In den 1970-er Jahren erfolgt die Umbenennung in katholische Frauengemeinschaft Deutschlands. Zu den Gratulanten am Sonntag wird voraussichtlich auch Inge Frankenberg zählen: Sie war die erste Vorsitzende nach dem Krieg und lebt heute in einem Seniorenheim in Unkel.

Quelle: General-Anzeiger vom 15.09.2005