Nach 24 Jahren als katholischer Pfarrer in Thomasberg und 20 Jahren in Heisterbacherrott trat Paul Woelki am 31. Dezember in den Ruhestand. Am Sonntag verabschiedet er sich bei einer Familienmesse um 11 Uhr in St. Judas Thaddäus und einer Festmesse um 17 Uhr in St. Joseph von seiner Gemeinde. In der Festmesse wird Udo Maria Schiffers durch Dechant Franz Lurz als neuer Pastor eingeführt. Mit Woelki sprach Hansjürgen Melzer.
GA: Wie sah die Kirchenlandschaft vor 24 Jahren aus, als Sie Pfarrer in Thomasberg wurden? PAUL WOELKl: Damals gab es noch die Begriffe Pfarrfamilie und Kirchturmsdenken. Die Gemeindemitglieder waren eng miteinander verbunden. Zu den Nachbargemeinden bestand nur ein lockerer Kontakt.
GA: War die Fusion der Gemeinden St. Joseph und St. Judas Thaddäus im Jahr 1999 eine weitsichtige Entscheidung? WOELKI: Im Hinblick auf die kommenden Sparmaßnahmen des Erzbistums war das sicher weitsichtig. Es war aber auch eine sehr gute Entscheidung, weil eine große Gemeinde manche Aufgaben besser lösen kann als zwei kleine Gemeinden.
GA: Waren damals angesichts der unterschiedlichen Ausgangspositionen in beiden Gemeinden Widerstände zu überwinden? WOELKI: Nein. Die Beschlüsse waren einmütig und einstimmig. Das war ja auch ein 15-jahriger Prozess. Ich habe als Pfarrer versucht, das Miteinander der beiden Gemeinden ganz langsam wachsen zu lassen. Wichtig war auch, dass wir die Eigenständigkeiten beachtet haben. So gibt es bis heute zwei Chöre sowie zwei Senioren- und Frauengemeinschaften. Man musste auch die verschiedene Struktur der beiden Orte berücksichtigen. Heisterbacherrott hatte immer einen Ortskern, während Thomasberg mit seinen 13 Ortsteilen von außen nach innen gewachsen ist.
GA: Wie wird die Kirchengemeinde der Zukunft aussehen? WOELKI: Wo die Sparmaßnahmen erforderlich sind, wird jeder etwas aufgeben müssen. Das ist aber auch eine Herausforderung, durch Eigenleistungen Dinge zu erarbeiten. Eine weitere Veränderung wird sein, dass wesentliche Aufgaben künftig durch den Kirchengemeindeverband und nicht mehr durch die einzelnen Gemeinden übernommen werden.
GA: Wie hat sich das Bild des Pfarrers in den 44 Jahren Ihres Beruflebens verändert? WOELKI: Früher hieß der Pfarrer noch Hochwürden. Das Leben in der Gemeinde wurde noch sehr stark von seinen Ansichten geprägt. Heute ist der Pastor ein Glaubender unter Glaubenden, ein Mensch unter Menschen. Ich halte das für positiv. Ich habe viel von den Menschen gelernt.
GA: Viele Vereine beklagen den Rückgang des Ehrenamts. Wie ist es um das Engagement in Ihrer Gemeinde bestellt? WOELKI: Bei uns gibt es eine unerwartet hohe Zahl an Ehrenamtlichen, die eigenständig rnitarbeiten. Das fängt bei den Stemsingern an, geht über die Messdiener bis zu den Chorgemeinschaften und sozialen Diensten. Die offiziellen Gremien, der Kirchenvorstand und der Pfarrgemeinderat, haben meine Arbeit sehr kompetent rnitgetragen. Wo Leben ist, ist auch Ehrenamt, und umgekehrt. Die Menschen hier sind offen und spüren, dass Gemeinde nur durch eigenes Engagement existieren kann.
GA: Gab es für Sie Schlüsselerlebnisse? WOELKI: Das Zusammenwachsen der Gemeinde war für mich so ein Erlebnis. Da sind Grenzen gefallen, nicht nur topographische, sondern auch in den Herzen der Menschen.
GA: Haben Sie deshalb auch die Ökumene in Form einer engen Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde so groß geschrieben? WOELKI: Die Einheit ist ein kirchliches Anliegen, das nicht nur auf Protestanten und Katholiken beschränkt ist. In der Emmauskirche herrscht ein lebendiges Gemeindeleben, wo man sich achtet. Die enge Zusammenarbeit hängt aber auch mit Personen wie Pfarrer Leh und seiner Frau zusammen.
GA: Sie haben in Zusammenarbeit mit der Andheri-Hilfe Bonn zu Spenden für die Flutopfer aufgerufen. Wie kam es dazu? WOELKI: Seitdem ich 1971 die Gründerin der Andheri-Hilfe, Frau Gollmann, kennengelernt habe, setze ich mich für die sinnvolle Arbeit dieser Organisation ein. Es ist eine konkrete Hilfe für konkrete Projekte in Südindien.
GA: Hat die Kirche über ihr soziales Engagement hinaus eine Zukunft in der Gesellschaft? WOELKI: Eindeutig ja. Dabei geht es nicht nur um das Soziale. Es gab in der Geschichte immer Zeiten eines lebendigeren Gottesglaubens und einer größeren Gottesferne. Die Frage nach dem letzten Sinn wird den Menschen aber immer bewegen, und er wird auf sie eine Antwort suchen.
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