Chronik

Der Hirte tritt an die Stelle des Brückenbauers
KIRCHE Pastor Paul Woelki übergibt die Gemeinden St. Joseph und St. Judas Thaddäus an Udo Maria Schiffers. Ein Kreuz für den scheidenden und eine Leinwand für den neuen Pfarrer. Schwierige Aufgaben warten

Ein Kreuz mit Symbolcharakter schenken (von links) Kirchenvorstandsmitglied Norbert Seeger und Frank Wasser vom Pfarrgemeinderat dem scheidenden Pastor Paul Woelki (rechts). Dechant Franz Lurz (Mitte) und Udo Maria Schiffers schauen zu.
FOTO: HANDT

Von
Hansjürgen Melzer

THOMASBERG. „Lasst uns das Wesentliche sehen." Mit diesem Appell verabschiedete sich Pfarrer Paul Woelki bei einer großen Festmesse in der Thomasberger Kirche St. Joseph von der Kirchengemeinde St. Joseph und St. Judas Thaddäus. Im Rahmen der Messe führte Dechant Franz Lurz (Bad Honnef) den Ittenbacher Pfarrer Udo Maria Schiffers als Woelkis Nachfolger ein. Außer für die 1900 Ittenbacher ist der neue Mann künftig auch für die rund 3600 Katholiken in Thomasberg und Heisterbacherrott verantwortlich.

„Es sollte nicht die Aufgabe der Menschen sein, um Strukturen zu ringen, sondern diese Dinge hinter sich zu bringen, damit wir für die Seelsorge offen sind", sagte Woelki, der mit 72 Jahren nach 24 Jahren in Thomasberg und 20 Jahren in Heisterbacherrott in den Ruhestand geht. Statt im Thomasberger Pfarrhaus wird er künftig im katholischen Lukasheim in lttenbach leben, wo ihm sein Nachfolger Schiffers eine Wohnung angeboten hat.

„Mein Herz geht ganz mit nach Ittenbach. Es überwiegt die Freude auf das Kommende und der Dank für das Vergangene", sagte Woelki an die Adresse seiner alten Gemeinde. In der überfüllten Thomasberger Kirche fehlte es nicht an bewegenden Momenten. So verriet Schiffers, der erst vor wenigen Wochen seiner lttenbacher Gemeinde mitgeteilt hatte, wie schwer ihm die Übernahme der neuen Aufgabe falle, dass er unter den Gottesdienstbesuchern nach bekannten Gesichtern Ausschau gehalten habe. „Wo sind denn die Thomasberger und Heisterbacherrotter, mit denen ich gemeinsam den Weg gehen werde?", so der Pfarrer. Als er neben den vielen Mitgliedern seiner neuen Gemeinde sogar einige Oberpleiser ausmachte, sah er darin „ein schönes Zeichen des Miteinanders in der schwierigen Situation unserer Kirche".

Schließlich warten auf Schiffers schwere Monate. Bis Ende Juli müssen die fertigen Konzepte stehen, wie die massiven Sparpläne des Erzbistums im Pfarrverband umgesetzt werden sollen. Als Leiter des Pfarrverbandes, dem zusätzlich die Pfarrgemeinden Oberpleis und Stieldoff angehören, ist Schiffers dabei auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen. Daran wollen es Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat von St. Joseph und St. Judas Thaddäus nicht fehlen lassen. Sie sehen in ihrem neuen Pfarrer zugleich „Hebamme", „Hirte" und „Maler".

„Eine Hebamme unterstützt die Menschen, die ihr anvertraut sind, etwas auf die Welt zu bringen. Ein guter Hirte, der für zwei Herden verantwortlich ist, schafft es vielleicht, die

Herden ein Stück weit selbstständig werden zu lassen. Und ein Maler liest in den Gesichtern der Menschen und schafft es, mit diesen Menschen ein großes Bild zu gestalten", nannte der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Frank Wasser, die Hoffnungen, die die neue Gemeinde mit Schiffers verbindet. Das liebste Hobby des neuen Pfarrers ist die Malerei. Als Geschenk erhielt er fünf Leinwände, die die Gemeinden im Seelsorgebereich symbolisieren sollen, in der Form eines Kreuzes.

Für Paul Woelki waren dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchenvorstands, Norbert Seeger, drei andere Berufsgruppen als Vergleiche eingefallen. „Als Wanderführer sind Sie mit und in der Gruppe gegangen. Als Brückenbauer haben Sie echte Brüken zu St. Judas Thaddäus und zur evangelischen Emmausgemeinde gebaut. Und als Fußballtrainer haben Sie es geschafft, so viele Menschen zu motivieren, indem Sie ihnen nicht nur Gottvertrauen, sondern auch Selbstvertrauen geschenkt haben." Auch Woelki darf ein Geschenk in seine neue Wohnung in Ittenbach mitnehmen. Ein Holzkreuz, das ein Duplikat des großen Holzkreuzes im Pfarrheim ist. Beide Kreuze wurden aus Holz gefertigt, das Gemeindemitglieder aus ihren Gärten zusarnmengetragen haben. „Wir begleiten Sie nach Ittenbach. Auch wenn Ihr Herz mitgeht, bleiben Sie tief in unseren Herzen", versprach Seeger. Der anschließende Applaus galt beiden Pfarrern.

Bereits am Morgen, als sich Woelki mit einer Familienmesse in St. Judas Thaddäus verabschiedet hatte, war so manche Träne geflossen. Spätestens als die Sternsinger den scheidenden Pastor in ihrer Mitte an die Hand nahmen, um das Lied „Auf dem Wege, den wir gehen", zu singen, war es um die Fassung manches Gemeindemitglieds geschehen. Da waren der alte und der neue Pastor gleichermaßen sichtlich bewegt.

Quelle: General-Anzeiger vom 11.01.2005