Chronik

24. Mai 2007

Elternschaft hat das Vertrauen verloren
BETREUUNG
Beim Katholischen Kindergarten in Thomasberg hält die Verunsicherung nun schon weit über zwei Jahre an. Nur noch Arbeiterwohlfahrt oder die Stadt kommen als neuer Träger in Frage

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Ein Balanceakt ist auch die weitere Zukunft des Katholischen Kindergartens in Thomasberg.     FOTO: HOMANN

Von
Hansjürgen Melzer

THOMASBERG.
Elternrat und Eltern des Katholischen Kindergartens in Thomasberg sind besorgt. Seit geraumer Zeit steht fest, dass die Kirche sich im Zuge der Kürzungsmaßnahmen des Erzbistums Köln im Sommer 2008 aus der Finanzierung der Einrichtung verabschieden wird: Daraufhin hat sich im Herbst vergangenen Jahres eine Elterninitiative gegründet, die bereit gewesen wäre, die Trägerschaft zu übernehmen. Als gleichzeitig die Arbeiterwohlfahrt sich als Träger anbot, bat der Elternrat die Eltern bei einer Abfrage um ein Meinungsbild. Sie votierten Ende Januar mehrheitlich für die Awo.

Sehr zum Verdruss des Elternrates ist seitdem kein Fortschritt erkennbar. „Nach mehr als zweijähriger. Zeit des Überlegens, Planens, Verwerfens, Um- und Nachdenkens der Entscheidungsträger und der Elternschaft sind wir mit dem gegenwärtigen Zustand mehr als unzufrieden", schrieben die Eltern kürzlich an Pastor Udo Maria Schiffers, Bürgermeister Peter Wirtz und den Kirchenvorstand. Nach ihrer Überzeugung wird die Situation zum Nachteil der Erzieherinnen und der Kinder vom Kirchenvorstand länger als erträglich in die Länge gezogen. „Allen Beteiligten ist klar, dass noch in diesem Jahr alle unsere Erzieherinnen ihre Kündigung erhalten werden. Das heißt, die Zeit für einen gut geplanten Übergang zum neuen Träger läuft sehr schnell aus." Die Verunsicherung unter den gegenwärtigen und zukünftigen Eltern sei immens, denn immer wieder

werde eine Entscheidung für einen neuen Träger verschoben. Zusagen für Kindergartenplätze könnten nur spät oder gar nicht gegeben werden. Deshalb würden sich verständlicherweise immer mehr Eltern gegen den Kindergarten entscheiden. „Auch die momentane Elternschaft hat mittlerweile das Vertrauen in einen gut organisierten Trägerübergang fast verloren", so der Elternrat. Er fordert: „Machen Sie dieser unerträglichen Situation ein Ende, indem Sie Planungsalternativen schaffen!"

Den Unmut und die Sorgen der Eltern kann Rainer Schiefer, der Kindergartenbeauftragte im Kirchenvorstand, gut verstehen. Genaueres habe man aber selber gerade erst in einem Gespräch bei Bürgermeister Peter Wirtz erfahren. Dort wurde dem Kirchenvorstand mitgeteilt, dass die Übertragung der Trägerschaft an eine Elterninitiative für die Stadt aus finanziellen Gründen nicht in Frage kommt. Diese Möglichkeit hatte sich der Kirchenvorstand bis zuletzt offen halten wollen: „Das Votum der Eltern war für uns nicht eine Abstimmung für die Awo, sondern Ausdruck der finanziellen Möglichkeiten der Eltern", sagt Schiefer. Will heißen: Die meisten Eltern hätten sich für die Awo entschieden, weil in einer Elterninitiative zusätzliche Kosten und Arbeit auf sie zukommen würden. Der Kirchenvorstand hatte daher versucht, die Stadt zu einer Übernahme des Elternbeitrags zu bewegen: Ohne Erfolg.

Auch die Hoffnung, dass das Erzbistum vielleicht doch noch einer weiteren Trägerschaft bei städtischer Sonderfinanzierung zustimmen könnte, hat sich vor einigen Wochen zerschlagen. Da kam die endgültige Absage aus Köln. Bleiben nur noch die beiden Optionen Awo oder kommunale Trägerschaft. „Darüber sind noch nicht die abschließenden Gespräche geführt worden. Aber alle Beteiligten sind sich darüber einig, dass eine Entscheidung bis zum Sommer wünschenswert wäre", sagt Schiefer. Er habe dabei großes Verständnis für Eltern und Personal. „Die Unsicherheit macht allen zu schaffen."
Bürgermeister Peter Wirtz verweist ebenfalls auf die ungeklärte Situation beim Thomasberger Kindergärten. „Uns fehlt immer noch eine endgültige Meinungsäußerung vom Erzbistum. Darauf aufbauend benötigen wir dann noch den förmlichen Beschluss des Kirchenvorstandes", so Wirtz. Auch der Bürgermeister ist über die Situation alles andere als glücklich. „Sichergestellt ist aber, dass jedes Kind auch in Zukunft einen Kindergartenplatz bekommen wird." Darauf. besteht schließlich ein Rechtsanspruch, der jedoch nicht unbedingt im eigenen Ortsteil einzulösen ist.

Gravierende Auswirkungen auf die Attraktivität des Kindergartens hat der Schwebezustand nach Auffassung von Rainer Schiefer allerdings nicht. Zurzeit besuchen 72 Kinder die drei Gruppen, im kommenden Kindergartenjahr ab dem 1. August werden es 70 Kinder sein. Weitere stünden auf der Warteliste. Fest stehe bisher nur, dass die Einrichtung bis zum 30. Juni 2008 in Trägerschaft der Katholischen Kirche dreigruppig weitergeführt werde. Nach den derzeitigen Vorgaben des Kreisjugendamtes müsste zu diesem Termin die dritte Gruppe geschlossen werden, um den Überhang an Kindergartenplätzen in Thomasberg und Heisterbacherrott abzubauen. Im laufenden Kindergartenjahr kommen auf 265 Plätze zurzeit nur 214 Kinder, wie die Stadt kürzlich mitteilte.

Auszuschließen ist auch nicht, dass das neue städtische Jugendamt, das zum 1. Januar 2008 eingerichtet wird, zu anderen Ergebnissen und Schlussfolgerungen als das Kreisjugendamt, das bisher für die Kindergärten zuständig war.

Quelle: General-Anzeiger vom 24.05.2007