Chronik

03. April 2005

Glockengeläut im Siebengebirge kündet vom Tod des Papstes
Bei ihrem Gang zum Tisch des Herrn beten die Erstkommunionkinder für den Heiligen Vater - Dechant Franz Lurz erinnert sich an seine Begegnung mit Johannes Paul II. in Rom


Stilles Gedenken: Dechant Franz Lurz steht vor dem Papst-Porträt des Rhöndorfer Künstlers Ernst Günter Hansing, das in der Honnefer Pfarrkirche Sankt Johann Baptist aufgestellt ist.
Foto: Handt

Von Roswitha Oschmann und Corinna Berres

Siebengebirge. Am Sonntagmorgen ist der Heilige Stuhl in Rom seit Stunden verwaist. Es ist der Weiße Sonntag, der "Sonntag der Barmherzigkeit". In mehreren katholischen Kirchen des Siebengebirges gehen Kinder in strahlendem Sonnenschein zum ersten Mal zur Heiligen Kommunion. Ihre Angehörigen betrachten sie froh und stolz, viele sind mit ihren Gedanken und Gebeten aber auch beim verstorbenen Papst Johannes Paul.

"Es wäre in seinem Sinne gewesen, dass wir trotzdem unsere Erstkommunionfeier halten", sagte am Sonntag der Vorsitzende des Pfarrverbandes am Oelberg, Pastor Udo Maria Schiffers. "Selbst im Sterben galten uns seine Liebe und Fürsorge. Sein Leiden und Sterben sind zu einer Predigt geworden."

"Seid herzlich willkommen ganz nahe am Altar", begrüßte Schiffers in der Ittenbacher Pfarrkirche am Sonntagmorgen die neun Mädchen und acht Jungen am Tisch des Herrn. Zuvor waren sie in einer feierlichen Prozession in Begleitung des Bläsercorps von der Grundschule zur Kirche gezogen.

In den vergangenen Monaten hatten die Katechetinnen Hildegard Höller und Ulrike Keller die Kommunionkinder auf diesen Tag vorbereitet. "Ich weiß, jeder von euch hat ein ganz, ganz großes Herz voller Bereitschaft zu glauben, zu lieben und zu hoffen", wandte sich Schiffers an die Kinder.

In seiner Predigt schilderte er seine eigenen Eindrücke von der Todesnacht des Papstes und spürte, dass ihm die Gläubigen "sehr aufmerksam zuhörten". Schiffers improvisierte seine Ansprache teilweise: "Tausend Dinge gehen einem da durch den Kopf."

Gegen 22 Uhr am Samstagabend hatten in Ittenbach die Glocken geläutet und Schiffers schloss die Kirche auf für alle Gläubigen, die in dem Gotteshaus für den Papst beten wollten. Auch in Heisterbacherrott kündeten die Glocken vom Tod des heiligen Vaters.

Zum Tisch des Herrn gehen die Ittenbacher Kommunionkinder am Sonntagmorgen in strahlendem Sonnenschein, begleitet von ihren Familien. Foto: Homann

In Stieldorf und Oberpleis, Zuständigkeitsbereich von Pastor Dirk Baumhof, läuteten ab 22.15 Uhr ebenfalls für je eine Viertelstunde die Glocken von Sankt Margareta und Sankt Pankratius. Baumhof öffnete die Türen der Oberpleiser Propsteikirche und war überrascht, wie viele Gläubige tatsächlich spontan zur Kirche strömten, um mitten in der Nacht Fürbitte für den Verstorbenen zu halten.

Vor Beginn der Erstkommunionfeier in Stieldorf sprach Baumhof mit den Kindern ein Vaterunser für den verstorbenen Oberhirten. In Fürbitten während des festlichen Gottesdienstes gedachte die Gemeinde des Pontifex und betete für ihn. Die Messen am Dienstag ab 19 Uhr in Stieldorf sowie am Mittwoch ab 19 Uhr in Sankt Pankratius Oberpleis werden jeweils als Requiem für den Papst gehalten, kündigt Baumhof an.

Am Sonntagmittag kam dann in den Pfarrbüros das Fax vom Kölner Erzbistum mit den genauen Anweisungen für die Trauerzeit: Mittags soll von nun an bis zur Beisetzung des Papstes täglich um 12 Uhr eine Viertelstunde lang Trauergeläut ertönen, zudem werden die Gemeinden um Trauerbeflaggung gebeten und es wird angeordnet, in allen Messen Fürbitten für den Pontifex zu halten.

Im Seelsorgebereich Königswinter-Tal läuteten die Glocken erstmals am Sonntag ab 12 Uhr eine Viertelstunde lang. Pastor Georg Kalckert hielt indes morgens die Erstkommunionfeier in der Remigiuskirche in der Altstadt. Die Kommunionkinder werden sich später jedenfalls erinnern: Dieser wichtige Tag in ihrem Leben fand während der Sedisvakanz statt, nach Kirchenrecht in der Zeit also, in der "der Stuhl leer steht". Viele Gläubige zündeten in den Kirchen Kerzen an, verharrten schweigend und andächtig im Gebet.

Trauer um den Pontifex: Eine Honneferin steht vor der Kirche Sankt Johann Baptist und liest die Nachricht vom Tode Johannes Pauls II. Foto: Handt



Rückblende: Samstagmorgen in der Pfarrkirche Sankt Johann Baptist in Bad Honnef. Rosensträuße und Liliengestecke schmücken das Gotteshaus. Kerzen brennen. Am Altar liegen kleine Tafeln aus; Orientierungshilfen für jene Kinder, die 24 Stunden später ihre erste Heilige Kommunion feiern. Alles ist vorbereitet für den Weißen Sonntag. In Rom ringt derweil das Oberhaupt der Katholischen Kirche mit dem Tod.

Weltweit beten Christen für den sterbenden Papst. Am Samstagmorgen trägt Monsignore Dechant Franz Lurz ein Bild von Johannes Paul II. in die Kirche, ein Werk des Rhöndorfer Künstlers Ernst Günter Hansing. Normalerweise hängt es in Lurz' Privaträumen. Jetzt stellt der Honnefer Geistliche das Porträt an den Marienaltar und zündet davor eine Kerze an. "Ich bin sehr berührt", sagt Lurz ernst.

Und seine Gedanken schweifen zu seiner Begegnung mit Johannes Paul II. in der Anfangszeit des Pontifikats. Auf dem Petersplatz in Rom überreichte Lurz dem Papst eine Autobiographie von Edith Stein mit der Bitte um Seligsprechung dieser Nonne, die während der Nazizeit im Konzentrationslager umkam. Spontan habe Johannes Paul II. gesagt: "Es ist alles gut auf dem Weg. Leben Sie im Geiste von Edith Stein." Bald darauf erfolgte die Seligsprechung der Ordensfrau.

"Wir haben den Papst immer wieder eindrucksvoll erlebt bei seinen Reisen - eine überzeugende Gestalt der Kirchen- und der Weltgeschichte", würdigt der Dechant des Dekanates Königswinter das Wirken des Pontifex. Die Kerze vor dem Papstporträt in Sankt Johann Baptist brennt noch immer.

Im Verlauf dieser Woche finden überall im Siebengebirge Requiems für den Papst statt.

Quelle: General-Anzeiger Online vom 04.04.2005