Chronik Pfarrgemeinde St. Joseph und St. Judas Thaddäus Thomasberg - Heisterbacherrott

23. bis 28. Oktober 2005

Vor lauter Kerzen ist es fast zu heiß zum Beten
WALLFAHRT
Der Heilige Judas Thaddäus gilt als Fürsprecher in schwierigen Anliegen. Seit den 1920er Jahren kommen Pilger nach Heisterbacherrott. Zur Oktav organisiert die Gemeinde eine Cafeteria. Wallfahrtsartikel im Supermarkt.

In Erstaunen versetzen die vielen Lichter vor dem Bild des Heiligen Judas Thaddäus in der Wallfahrtskirche viele Pilger.
FOTOS: FRANK HOMANN

Von
Caren Langer

HEISTERBACHERROTT
. „Heiliger Judas Thaddäus, ich bitte dich für meinen Sohn, dass er sein Leben wieder in den Griff bekommt", „Für Gesundheit an Leib und Seele und eine gute Sterbestunde" oder auch „Ich möchte öfter eine Eins schreiben und aufs Gymnasium gehen" - viele Bitten sind es, die Menschen an den Apostel richten, der als Fürsprecher in schwierigen Anliegen und hoffnungslosen Fällen gilt. In Heisterbacherrott sprechen alte und junge Gläubige den heiligen Judas Thaddäus nicht nur im Gebet an, sondern tragen ihre Wünsche und Sorgen auch in ein großes Buch ein.

Das Buch liegt in der Gnadenkapelle aus, die 1965 für das Gnadenbild des Heiligen an die Pfarrkirche angebaut wurde. Besonders in der Zeit der Oktav zünden Pilger vor dem Heiligenbild so viele Kerzen an, dass das Lichtermeer die Eintretenden in Erstaunen versetzt., „Vor lauter Kerzen ist es hier schon fast zu heiß zum Beten", scherzt Pfarrer Udo Maria Schiffers. Während der Oktav, also der Woche vor dem Patronatsfest des Heiligen am 28. Oktober, halten Priester in Sankt Judas Thaddäus täglich zwei Eucharistiefeiern und eine Pilgerandacht ab.

Nach dem Ausscheiden seines Vorgängers Paul Woelki hat Schiffers erstmals diese Aufgabe übernommen, mit Unterstützung von Dechant Guido Assmann aus Dormagen und Pater Clemens Otten. „Ich bin sehr überrascht, wie viele Wallfahrer hierher kommen und welcher Gebetsgeist unter ihnen herrscht", freut sich der Pastor. „Außerdem habe ich in dieser einen Woche so viele Beichten gehört wie sonst im ganzen Jahr nicht", fügt er hinzu. Schiffers vermutet, dass das Vorbild in der Gemeinschaft die Besucher zum Beichten motiviert, ebenso wie die Tatsache,. einem fremden Geistlichen gegenüberzustehen und nicht dem, eigenen, der die Familie kennt.

Rund 500 Menschen pilgern während der Oktav täglich nach Heisterbacherrott, viele kommen aus der Eifel, dem Westerwald, dem Bergischen Land, dem Ahrkreis und der näheren Umgebung. Pfarrsekretärin Brigitte Meurer organisiert die - Wallfahrten, nimmt die Bestellungen für Messen entgegen ` und kennt viele Pilger mit Namen. „Häufig reden die Menschen auch mit mir 12 schon über ihr Anliegen, da braucht man eine Menge Feingefühl"; erzählt sie. In diesem Jahr wurden besonders viele Bitten um Arbeitsplätze, um Frieden in der Familie und für Schwerkranke geäußert.

Das Bild des Apostels, an den alle Pilger ihre Bitten richten, wurde 1895 von Niederdollendorf nach Heisterbacherrott gebracht und 1911 durch eine Reliquie des Heiligen ergänzt. Die Wallfahrt hat ihren Ursprung im Jahr 1921, als eine Dame aus Godesberg aus Dank für die Genesung von einer doppelten Lungenentzündung hierher pilgerte und sich immer mehr Bekannte ihren monatlichen Gängen anschlossen. Seitdem stieg die Zahl der Besucher ständig an, und erlebte besonders unter Pastor Woelki und der langjährigen Pfarrsekretärin Marlies Schild einen neuen Aufschwung.

Für die meisten Pilger hat die Fahrt nach Heisterbacherrott eine lange Tradition. „Ich bin schon als Kind mit meiner Tante immer hergekommen", berichtet eine ältere Frau aus Bornheim. „Ich komme, so oft es geht, denn mit Kindern und Enkeln hat man ja immer ein Anliegen in der Familie." Nach dem Gottesdienst kehren viele Wallfahrer noch im Pfarrheim ein, wo Lydia Klehr mit über einem Dutzend Helferinnen 140 Besucher mit Kaffee und Kuchen aus Elses Backstube bewirtet. „Es ist schon stressig, und manche sind sogar ungeduldig, wenn der Kaffee nicht schnell genug serviert wird; aber es macht auch großen Spaß", findet die zweite Vorsitzende der Frauengemeinschaft; die jedes Jahr zur Oktav die Cafeteria im Pfarrheim organisiert.

Bis auf den letzten Platz sind die Bänke in St. Judas Thaddäus in der Wailfahrtwoche gefüllt.

Auch die Geschäfte in der Nachbarschaft machen mit den Pilgern während der Oktav zusätzlichen Umsatz: „Die ganze Woche hatten wir ständig alle Plätze besetzt", erzählt Jade Heisterbach vom Café Blesgen. Im Supermarkt neben der Kirche gibt es sogar ein Regal für Wallfahrtsartikel, allen voran Kerzen mit dem Schriftzug „Wallfahrtsort Heisterbacherrott" und einem Bild des Apostels. Der Glauben und die Begeisterung der Pilger reiße sie regelrecht mit, erzählt Verkäuferin Anita Modjesch.

Die meisten sind Stammpilger, die mit Frauen- oder Seniorengemeinschaften und Pfarrgemeinden jedes Jahr in Bussen anreisen. Fußgruppen kommen regelmäßig aus Oberkassel, Godesberg, Wachtberg und Holzlar: Wenn der heilige Judas-Thaddäus ihre Bitten aus dem Vorjahr erfüllt hat, schreiben viele auch ihren Dank in das Buch in der Kapelle wie in diesem Eintrag: „Aus ganzem Herzen möchte ich dir danken für die erhörten Bitten, und stärke mich weiter im Glauben, damit ich weiter beten kann."

Quelle: General-Anzeiger vom 31.10.2005