Chronik

4. April 2004

Symbole des Lebens und des Segens
PALMSONNTAG Die katholischen Christen feiern den Einzug Jesu in Jerusalem. In Heisterbacherrott at die Prozession von der Nikolauskapelle zur Pfarrkirche seit 16 Jahren Tradition. Kinder binden Zweige

Von Dagny Schwarz

Palmprozession: Mit den geweihten Zweigen ziehen die Gläubigen von der Nikolauskapelle zur Pfarrkirche.                                         FOTOS: VOLKER LANNERT

SIEBENGEBIRGE.
Gestern zogen in vielen Orten des Siebengebirges Palmsonntagsprozessionen durch die Straßen zur Kirche. So auch in Heisterbacherrott. Um 9.40 Uhr versammelte sich die katholische Gemeinde an der kleinen Sankt-Nikolaus-Kapelle am Weiher, wo die aus Buchsbaum gebundenen Palmstöcke geweiht wurden.

Diese Aufgabe übernahm Gemeindereferentin Judith Effing, da Pfarrer Woelki die Weihe krankheitsbedingt nicht selbst zelebrieren konnte. Mit den geweihten Palmstöcken zogen die Erwachsenen und die Kommunionkinder zur Pfarrkirche Sankt Judas Thaddäus, wo der Pfarrer den Gottesdienst mit ihnen feierte. Die jüngeren Kinder, die ihre Palmstöcke im Kindergarten gebastelt hatten, gingen zum Pfarrheim, wo für sie ein Kleinkindergottesdienst stattfand.

Die Bräuche des Palmsonntags gehen zurück auf den Anfang der Passionsgeschichte, die Beschreibung der Ereignisse der Karwoche in der Bibel. Die Passionsgeschichte beginnt mit dem Einzug Jesu in Jerusalem, erzählt von seiner Verhaftung und seinem Tod am Kreuz. Auf einem Eselfohlen reitend ist Jesus demzufolge in die Stadt gekommen, wo eine begeisterte Menschenmenge ihn erwartete und mit dem Ausruf „Hosianna" („Es lebe unser König") begrüßte. Die Menschen am Wegesrand rissen Palmwedel ab, um Jesus damit zu winken und sie auf den Weg zu streuen.

In Erinnerung an diese Überlieferung trafen sich bereits im 4. Jahrhundert Christen in Jerusalem auf dem Ölberg, um dort einen Wortgottesdienst zu feiern und mit ihrem Bischof hinunter in die Stadt und in die Kirche zu ziehen. Dabei trugen sie Palm- und Olivenzweige mit sich. Dies gilt als der Ursprung der Palmsonntagsprozessionen. Die Geschichte des Einzugs nach Jerusalem wird bis heute noch vor der Prozession gelesen. Für den Kleinkindergottesdienst stellten die Kinder des katholischen Kindergartens die Szene mit einem kleinen Esel auf Rollen nach. Einige von ihnen spielten die Jünger, andere legten mit Tüchern einen Weg oder bildeten die Stadtmauer Jerusalems.

 Die Palmsonntags-Prozession selbst soll aber keineswegs ein „biblisches Schauspiel" sein, wie Judith Effing betont. „Es ist gemeint als ein öffentliches Bekenntnis zu Christus, unserem König", erläutert sie, „die Palmzweige sind Symbole des Lebens und des Segens". Im 8. Jahrhundert waren Palmsonntagsprozessionen schon bis nach Spanien verbreitet, bevor sie dann im Mittelalter auch von der römisch-katholischen Kirche offiziell anerkannt wurden. Seit dieser Zeit waren die Prozessionen am Palmsonntag auch in Deutschland Teil der Kirchentradition. Meist zog man von einer außerhalb der Stadt gelegenen kleineren Kapelle zur Pfarrkirche. „Später ist der Brauch vermutlich eingeschlafen", erzählt Judith Effing, „durch die Karwochenliturgiereform von 1955 wurde er wieder belebt." In Heisterbacherrott gab es früher allerdings keine Palmsonntagsprozession im eigentlichen Sinne. Die Palmstöcke wurden stets in der Kirche oder unmittelbar davor geweiht. Seit nunmehr 16 Jahren bildet die Prozession zur Pfarrkirche den Auftakt der Karwoche, dem Höhepunkt des Kirchenjahres. Entsprechend groß ist die Beteiligung der Gemeindemitglieder. Über 300 Menschen drängten sich gestern in der Kirche Sankt Judas Thaddäus, und etwa 100 Kleinkinder und Eltern kamen ins Pfarrheim, schätzt Effing. Die geweihten Zweige als Zeichen von Segen und Verehrung Christi werden traditionell mit nach Hause genommen und neben das Kreuz gestellt.

Quelle: General-Anzeiger vom 5. April 2004