Chronik

21. April 2005

Ein guter Schüler des neuen Papstes
Joseph Ratzinger trifft sich regelmäßig mit Ittenbachs Pfarrer Schiffers und seinen Ex-Doktoranden


Von Hansjürgen Melzer


Malerei ist seine Leidenschaft: Udo Maria Schiffers, der ehemalige Student des neuen Papstes, greift zum Pinsel, wenn es die Zeit zulässt.
FOTO: HOLGER HANDT

Ittenbach. Ein gemeinsames Foto konnte er am MIttwoch auf die Schnelle nicht finden. Udo Maria Schiffers, Pfarrer der Katholischen Pfarrgemeinde Zur schmerzreichen Mutter in Ittenbach, kennt den neuen Papst Benedikt XVI. seit seiner Studienzeit. 1974 hatte Schiffers ein Theologiestudium bei Joseph Ratzinger in Regensburg aufgenommen.

Erstmals war er ihm im Sommer des gleichen Jahres im Schwarzwald begegnet, wo Ratzinger eine Ferienakademie leitete. "Mein erster Eindruck bei einer Wanderung durch den Schwarzwald war seine umkomplizierte Bescheidenheit", erinnert sich Schiffers. Während des Studiums in Regensburg, wo er als junger Kaplan in Köln einmal monatlich am Doktorandenkolloquium teilnahm, verfestigte sich diese Ansicht. "Als Student ging man mit Bangigkeit in das Gespräch und ging erlöst wieder heraus", so Schiffers. Er bezeichnet Ratzinger als im Umgang sehr behutsamen, höflichen und wachen Menschen und als wunderbaren Zuhörer. "Ich hatte das Gefühl, dass er einen besser versteht als man sich selbst."

Auch nachdem Ratzinger 1977 von Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannt worden war, betreute er seine Doktoranden weiter. Später entwickelte sich daraus ein jährliches Treffen mit seinen ehemaligen Schülern, das in den vergangenen drei Jahren in Schloß Spindelhof bei Regensburg stattfand. Dort begegnete Schiffers dem neuen Papst im September 2004 zum vorerst letzten Mal.

Den Konservativismus, der Benedikt XVI. nachgesagt wird, teilt Schiffers mit seinem Lehrmeister. "Ich bin da ein guter Schüler. Sein Anliegen ist es, das überlieferte Glaubensgut aufzuarbeiten, damit es dem zeitgenössischen Denken und Handeln zugänglich ist. Man kann im Glauben nichts Neues finden, nur in seiner Anwendung auf das praktische Leben", sagt Schiffers. Der neue Papst habe seine Ansichten als Theologe auch weiter nach außen vertreten, als er zunächst Erzbischof und 1981 dann Kurienkardinal und Präfekt der Glaubenskongregation in Rom geworden sei. "Er hat damals im Gespräch mit Johannes Paul II. zur Bedingung gemacht, dass er weiter publizieren dürfte."

Die Namensgebung des neuen Papstes hält Schiffers für sein Programm. "Er verzichtet bewusst auf die bescheuerten Doppelnamen. Ratzinger ist ein Ästhet und zum Beispiel auch ein hervorragender Klavierspieler." Außerdem sieht der Ittenbacher Pfarrer darin eine ausdrückliche Nachfolge von Papst Benedikt XV., der seinen Vorgänger Pius X. unmittelbar nach seiner Ernennung im Jahr 1922 heilig gesprochen hatte. "Auch Benedikt XVI. wird Johannes Paul II. sehr schnell heilig sprechen", erwartet Schiffers.

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Quelle: General-Anzeiger Online vom 21.04.2005