Chronik

15. März 2007

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Aufgeladen: Die “Palms” haben Energie getankt und liegen für die Mitaerbeiter abholbereit in der Pflegestation. Marcus Pyzalski und seine Stellvertreterin Sabine Lichtenberg inspizieren die kleinen Handcomputer.                                       FOTOS: HOLGER HANDT

Ohne Handcomputer geht nichts mehr
CARITAS
Die Pflegestation Königswinter wird 30 Jahre alt. Am Forstkreuz in Stieldorf hat das Team um Marcus Pyzalski ein neues Domizil gefunden. Tasche und “Palm” als ständige Begleiter

Von Uta Effern-Salhoub

STIELDORF. Um viertel vor sieben in der Frühe gehen in der Caritas-Pflegestation Königswinter am Forstkreuz 10 in Stieldorf die Lichter an. Mitarbeiter schwärmen ein und - nachdem sie sich für ihren Dienst mit allem Notwendigen ausgerüstet haben - gleich wieder in den jungen Morgen hinaus.
Jeder schultert seine rote Tasche mit den benötigten Verbänden, Pflastern, Spritzen, Kathetern, Blutdruck- und Blutzuckermessgeräten und nimmt seinen Handcomputer an sich. Nicht zu vergessen die Schlüssel zu den Wohnungen der Patienten, von denen die meisten noch im Bett liegen. Dann geht's los: Die Mitarbeiterinnen starten ihre roten Ford Ka. Acht Neufahrzeuge sind erst im Jahr 2006 zu der „roten Flotte" der Königswinterer Caritas hinzugekommen, ingesamt zwölf Dienstflitzer stehen den 16 Frauen und drei Männern, darunter ein Zivildienstleistender, jetzt zur Verfügung.

Jeder weiß genau, wohin er zu fahren hat. 54 Ortschaften des Siebengebirges betreut die Caritas- Pflegestation, auch entlegene Dörfer werden angesteuert. Menschen mit Demenz, Herzinsuffizienz, Krebs, Parkinson, diabetischem Fuß, Polyneuropathie oder Multipler Sklerose, um nur einige der zumeist chronischen Krankheiten zu nennen, warten auf die examinierten Pflegefachkräfte und Pflegekräfte. Die
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Schriftlich müssen Pflegeprozesse dokumentiert werden: Die Fachkräfte Stefanie Heckmann (links) und Sigrid Niemann arbeiten daran.

meisten freuen sich, dass gleich die Tür aufgeht. Verspricht das Kommen der Caritas-Mitarbeiter doch zumindest zeitweilig Erleichterung, Schmerzlinderung und Abwechslung im Alltag. „Das Problem ist, dass immer mehr Menschen vereinsamen", sagt Stationsleiter Markus Pyzalski. Die Caritas-Mitarbeiter legen nicht nur Verbände an, sondern dürfen nach Pyzalskis Worten auch „nicht finanzierbare Leistungen" erbringen, sich also auch mal Zeit für ein Gespräch, etwas Seelenmassage, nehmen. Der „kirchliche Dienst" wird trotz aller rigorosen Sparkonzepte in Sachen „Zukunft heute" weiter vom Kölner Erzbistum getragen, ist dem Rotstift noch nicht zum Opfer gefallen. "Der Diözesanverband bekommt einmal im Jahr einen Verwendungsnachweis über den kirchlichen Dienst", berichtet Pyzalski.

Gegen Mittag erwartet der Leiter der Caritas-Pflegestation seine Leute am Forstkreuz zurück. Sigrid Niemann gibt Schlüssel und Tasche um 11.55 Uhr wieder ab. Seit dem Morgen hat sie 16 Patienten versorgt, worüber ihr „Palm", der kleine Handcomputer, präzise Aufschluss gibt. Pyzalski kann in seinem Computer einlesen, wie lange die 56-Jährige bei jedem Patienten war, ob sie jemanden gebadet, Verbände angelegt oder Spritzen gesetzt hat. Niemann hat heute Teildienst: Sie fährt am Nachmittag erneut los, am Tagesende hat sie sich um 36 Kranke und Alte gekümmert.

An die 150 Patienten versorgt die Caritas-Pflegestation, die nun seit genau zwei Jahren geräumig in einem Trakt des Stieldorfer Seniorenhauses Sankt Margareta untergebracht ist. Viele wähnen die Station immer noch im Kloster Heisterbach, wo sie unter Leitung von Schwester Maria Hermes an die 28 Jahre untergebracht war. Die Örtlichkeit hat gewechselt, die meisten Mitarbeiter sind aber geblieben. „Wir haben sehr erfahrene Pflegefachkräfte, die zum Teil schon 20 Jahre und länger dieser Station angehören", berichtet der 38-jährige Pyzalksi. Selbst Maria Hermes ist noch mit dabei. Sie führt die im Fachjargon kurz „37-Dreier"-Gespräche genannten Pflegeberatungen, nach Paragraph 37, Absatz 3 Sozialgesetzbuch, durch. Dabei wird viertel- und halbjährlich kontrolliert, ob pflegende Angehörige die Betreuung richtig wahrnehmen und Kranke hinreichend versorgt sind.

Die Ergebnisse gehen ebenso wie Pflegeprozess-Dokumentationen, Pflegeplanungen und aufwändige Anamnesen in die Datenbank ein. Unter Anamnese versteht man die Informationssammlung über Defizite, Gewohnheiten, Fähigkeiten und Wünsche jedes Patienten, die die examinierten Pflegefachkräfte regelmäßig fortschreiben.

Quelle: General-Anzeiger vom 15.03.2007

CARITAS-PFLEGESTATION

Der größte ambulante Pflegedienst in Königswinter besteht 30 Jahre. Er ist eingebunden in ein Netz von neun Pflegestationen des Caritasverbandes für den Rhein-Sieg Kreis. Die Station finanziert sich über Krankenkassen, Pflegeversicherung und den Eigenanteil der Patienten. Gewinne darf sie nicht erwirtschaften, jedoch Rücklagen bilden. Durch den „kirchlichen Dienst" des Erzbistums wird eine Unterstützung für die Begleitung von Sterbenden oder Gespräche mit Patienten und Angehörigen gewährt. Die Pflegestation beschäftigt 19 Voll- und Teilzeitkräfte und betreut zurzeit rund 150 Patienten in ihrer gewohnten Umgebung im privaten Umfeld. Hinzu kommen jährlich bis zu 300 Pflegeberatungen. Der medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK), Prüforgan der Landesverbände der Kranken- und Pflegekassen, hat der Pflegestation vor einem Jahr sehr gute Arbeit bescheinigt. Die Station ist erreichbar unter 0 22 44/90 12 34.                     ff