Chronik

28. November 2006

Die meisten Konzepte landen im Papierkorb
ERZBISTUM
Seit zwei Jahren kämpfen die Pfarrgemeinden um ihre Kindergärten, doch es herrscht immer noch Chaos

SIEBENGEBIRGE. Mehr als zwei Jahre ist es her, seit das Erzbistum Köln unter dem Titel „Zukunft heute" seine Kürzungspläne bekannt gab, mit denen die Diözese bis zum Jahr 2007 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen will. Um 90 Millionen Euro sollen die jährlichen Ausgaben reduziert werden, die Hälfte davon in den Seelsorgebereichen eingespart werden. Eine zentrale Rolle spielt dabei die „Anpassung des Platzangebotes im Kindergartenbereich". Weil nach einer Prognoserechnung die Zahl katholischer Kinder im Alter von ein bis drei Jahren von 2003 bis 2010 von 47 000 auf 36 000 schrumpft, will Köln nur noch 1 600 statt 2 500 Kindergartengruppen bezuschussen. Zu den am meisten betroffenen Seelsorgebereichen zählt dabei der Pfarrverband Am 0elberg, zu dem der Bergbereich von Königswinter mit Ausnahme von Eudenbach gehört.

Herbst 2004: Im Pfarrverband Am Oelberg will Köln im Rahmen von „Zukunft heute" nur noch fünf von 15 Gruppen in seiner Finanzierung belassen. Da in Seelsorgebereichen, in denen die Zahl der bezuschussten Gruppen um 50 Prozent und mehr sinkt, jedoch eine mildernde Regel gelten soll, sollen erst einmal noch acht Gruppen finanziert und zum 1. Januar 2006 erneut überprüft werden, ob sich die in der Prognose geschätzten Zahlen bestätigen. Das Erzbistum erklärt sich jedoch bereit, die Trägerschaft für Gruppen, die von anderer Seite finanziert werden, zu behalten. Problem: Träger ist nicht das Erzbistum selbst, sondern die jeweilige Pfarre.

Herbst 2005: Nach schwierigen internen Verhandlungen zwischen den vier beteiligten Kirchenvorständen, in denen heftig diskutiert wird, macht der Pfarrverband Am Oelberg den Vorschlag, dass nur noch die Kindergärten Ittenbach (2 Gruppen), Stieldorf (3 Gruppen) und Oberpleis (3 Gruppen) in der kirchlichen Förderung verbleiben sollen. Die Einrichtungen in Thomasberg (4 Gruppen) und Rauschendorf (2 Gruppen) sollen dagegen aus der kirchlichen Bezuschussung entlassen werden.

Februar 2006: Der Stadtrat beschließt die Übernahme des Trägeranteils der Kindergartengruppen, die von den Schließungsplänen der katholischen Kirche betroffen sind und deren Erhalt für die Erfüllung des gesetzlichen Anspruches auf einen Kindergartenplatz unerlässlich ist. Vorausgegangen sind mehrere Gesprächsrunden zwischen der Verwaltung, dem Pfarrverband und dem Kreisjugendamt, das als Träger der Jugendhilfe einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für alle Rinder ab dem dritten

Lebensjahr zu erfüllen hat, sich das Geld jedoch über die Jugendamtsumlage von der Stadt zurückholt.
Da es nach den Bedarfszahlen des Kreisjugendamtes in Thomasberg einen Überhang von zwei Gruppen gibt, will die Stadt dort nur zwei Gruppen sonderfinanzieren. Dazu kommen die beiden Gruppen in Rauschendorf und eine Gruppe in Oberpleis. Einschließlich Talbereich und Eudenbach ist die Stadt bereit, neun Gruppen zu finanzieren. Kosten: 198 000 Euro pro Jahr. Weder Stadt noch Kreis sind jedoch zur Übernahme der Trägerschaft bereit.

Mai 2006: Das Erzbistum lehnt ab. Die Kölner sind nicht bereit, sechs der acht Gruppen in städtischer Sonderfinanzierung in katholischer Trägerschaft zu belassen. Die Kirche will „Dächer abbauen", das heißt sich von ganzen Einrichtungen trennen. In dem Schreiben wird erstmals auf eine Festlegung des „Herrn Generalvikars" verwiesen, dass pro Seelsorgebereich maximal 30 Prozent der Überhanggruppen mit einer neuen Sonderfinanzierung weiterhin in katholischer Trägerschaft verbleiben sollen. Im Pfarrverband Am Oelberg wären das zwei Gruppen: Die Kölner schlagen vor, die Kindergärten in Stieldorf (3 Gruppen) und Oberpleis (4 Gruppen) komplett in kirchlicher Trägerschaft und Finanzierung zu belassen und den Ittenbacher Kindergarten auf Grund seiner „pastoralen Bedeutung" in katholischer Trägerschaft bei städtischer Sonderfinanzierung fortzuführen. Alle anderen Einrichtungen sollen aus katholischer Trägerschaft entlassen werden.

September 2006: Nach heftigen Diskussionen im Pfarrverband unterbreitet der Kreis dem Erzbistum ein Kompromissangebot. Drei Gruppen in Oberpleis sowie jeweils zwei Gruppen in Stieldorf und Ittenbach sollen von der Kirche finanziert werden, Rauschendorf soll sonderfinanziert werden, aber in kirchlicher Trägerschaft verbleiben. Die Stadt verweist darauf, dass das neue Konzept nicht durch den Ratsbeschluss gedeckt sei.

November 2006: Das Erzbistum erklärt sich mit der vom Kreis vorgeschlagenen Finanzierung und Trägerschaft für drei Dächer einverstanden, ist aber nicht bereit, die Trägerschaft für Rauschendorf zu übernehmen. Das wiederum lehnen sowohl der Kirchenvorstand in Stieldorf, der auch für Rauschendorf zuständig ist, als auch die Kollegen in Oberpleis ab. Sie sind nicht bereit, von vier auf drei Gruppen zu reduzieren. Auch nach zwei Jahren gibt es noch keine Einigung. Das Chaos ist perfekt.                    mel

Quelle: General-Anzeiger vom 28.11.2006