Chronik

Zu mehr Zuversicht ermutigt Diakon Udo Casel die Gemeindemitglieder im Pfarrheim um über dessen Zukunft zu reden.                                        FOTOS: HOLGER HANDT

Der Verkauf des Pfarrheims ist unumgänglich
KIRCHE Alle Rettungsversuche sind gescheitert. Stattdessen soll jetzt ans Pfarrhaus angebaut werden. Am Ende applaudieren auch die Kritiker dem Kichenvorstand von St. Judas Thaddäus und St. Joseph

Von Hansjürgen Melzer
 
HEISTERBACHERROTT. „Zum Haus der lebendigen Steine braucht man keine Baugenehmigung. Und wir sind eine sehr lebendige Gemeinde." Die Schlussworte von Marie-Theres Schiefer, der Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates von St. Joseph und St. Judas Thaddäus, brachten zum Ausdruck, dass Gemeindeleben nicht nur an der Zahl der zuschussfähigen Versammlungsflächen festzumachen ist.

Vor rund 100 Gemeindemitgliedern bei der Pfarrversammlung im katholischen Pfarrheim in Heisterbacherrott hatte sie ihre Aussage wohl sehr bewusst gewählt: Schließlich ging es um die Zukunft des Gebäudes. Wenn nur die Immobilien entscheidend wären, hätten alle Gemeinden ein erhebliches Problem, und die vor wenigen Jahren fusionierten Pfarren der beiden Orte Heisterbacherrott und Thomasberg noch ein ungleich größeres: Dort gibt es alles im Doppelpack: Kirchen, Pfarrheime, Pfarrbüros und eben auch Pfarrhäuser.

Der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Norbert Seeger, machte deutlich, dass von den 500 Quadratmetern in den beiden Pfarrheimen künftig nur noch 201 vom Erzbistum finanziert werden. „Wir haben. uns im Kirchenvorstand darauf verständigt, dass wir das Thomasberger in der Bezuschussung belassen und Heisterbacherrott herausnehmen", sagte Seeger. Ausgangspunkt sei die Überlegung gewesen, dass beide Standorte in jedem Fall erhalten werden sollen. „Wenn wir das Pfarrheim Thomasberg aufgeben, besteht die Gefahr, dass der Standort Thomasberg gefährdet ist. Heisterbacherrott mit der Wallfahrtskirche und der Grundschule erschien uns da stabiler", so Seeger.

Man habe anschließend die Möglichkeit einer Eigenfinanzierung des Pfarrheims in Heisterbacherrott geprüft, die er in Anbetracht der von Köln geforderten Instandhaltungsrücklagen auf rund  30000 Euro jährlich bezifferte. "Das können wirjedoch alleine nicht stemmen", so Seeger. Gescheitert sei auch der Versuch, in zahlreichen Gesprächen die Ortsvereine in die Finanzierung einzubinden. „Der Verkauf ist daher unumgänglich. Wir wollen jedoch für entsprechende Alternativen sorgen", versprach Seeger. Geplant ist ein Ausbau des Pfarrhauses neben der Wallfahrtskirche, der allerdings sowohl vom Pfarrverband als auch vom Generalvikariat in Köln noch genehmigt werden muss. Dadurch soll die vorhandene Fläche um rund 40 auf knapp 100 Quadratmeter erweitert werden. Diese Fläche soll multifunktional als Wallfahrtsbüro, Bücherei und Versammlungsfläche nutzbar sein. Für einige kirchliche Gruppen, wie die Pfadfinder, wird dann ein Umzug ins Thomasberger Pfarrheim nicht zu vermeiden sein. Andere werden sich künftig möglicherweise in Räumen der evangelischen Kirche, in der Grundschule oder gegen Miete im Saal Lichtenberg zusammenfinden. Eine Option ist auch eine Rückmietung des Pfarrheims für kirchliche Angebote und Veranstaltungen. Ein potenzieller Käufer, der am Erwerb des Pfarrheims stark interessiert ist, hat diese Möglichkeit bereits signalisiert. Kritik am Verkauf des Pfarrheims äußerten einige Verinsvertreter. „Ich hoffe nur, dass wir durch die Zerstörung der Infrastruktur in Heisterbacherrott nicht noch mehr zerstören", sagte der Vorsitzende des Bürgerfestausschusses, Wolfgang Bellinghausen. "Das Pfarrheim ist ein kommunikativer Standort, dessen Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Der Verkauf trifft ins Herz der Gemeinde", meinte auch der Heimatverein - Vorsitzende Hermann Josef Gebertz. "Wir hätten gerne mit allen Vereinen zusammen die Probleme gestemmt. Jetzt müssen wir aber erst einmal unsere Dinge in den Griff bekommen", bat Norbert Seeger um Verständnis. Einem Einwand, ob es nicht ein Fehler sei, auf das Thomasberger Pfarrheim zu setzen, weil es doch so sicher wie das Amen in der Kirche sei, dass das Thomasberger Gotteshaus irgendwann geschlossen werde, setzte Pfarrer Udo Maria Schiffers entgegen: "Da ist nicht die Rede von. Da wissen Sie mehr als ich."

Es muss auch nicht soweit kommen wie früher. Auf die Frage des Kirchenchor-Vorsitzenden Johannes Herzog, wo man sich denn eigentlich vor dem Bau des Pfarrheims getroffen habe, wusste ein Versammlungsteilnehmer zu berichten: Beim Pastor in der Wohnung. Dann müssten die Heisterbacherrotter schließlich bis nach Ittenbach fahren, wo Schiffers zu Hause ist. Am Ende der zweistündigen Versammlung applaudierten die Teilnehmer dem Kirchenvorstand. Dieser ist damit seinem Ziel, sich den aktuellen Herausforderungen als geschlossene Gemeinde zu stellen, ein großes Stück näher gekommen. „Wenn die Pfarre auseinander bricht, haben wir viel mehr verloren als ein Pfarrheim und zwei Kindergartengruppen", appellierte Seeger. Ohnehin treffen ihn die Auswirkungen des Sparprogramms auf den Kindergarten persönlich weitaus mehr. Bereits in diesem Sommer wird die erste von vier Gruppen geschlossen, bis zum Jahr 2008 folgt eine weitere, auch wenn Kündigungen wohl vermieden werden können.

Quelle: General-Anzeiger vom 20. März 2006