Von Hansjürgen Melzer
KÖNIGSWINTER. Nach dem drastischen Sparprogramm des Kölner Erzbistums mit seinen weitreichenden Folgen für die katholischen Kindergärten, Pfarrheime, Büchereien und Folgedienste steht den Pfarrgemeinden weiteres Ungemach ins Haus. Spätestens ab dem 1. Januar 2011 soll es pro Seelsorgebereich nur noch einen kanonischen Pfarrer sowie Kirchenvorstand und bereits ab 2009 nur noch einen Pfarrgemeinderat geben.
Prälat Hans-Josef Radermacher, Leiter der Hauptabteilung Seelsorgebereiche beim Generalvikariat in Köln, stellte kürzlich auf einer Sondersitzung des Priesterrates die Eckpunkte des Konzeptes vor. Die bestehenden Pfarrverbände reichen dem Erzbistum nicht mehr aus. Sie werden nach Ansicht der Kölner nicht mit wirklichem Leben gefüllt. Außerdem mache die weiter zurückgehende Zahl der für die Seelsorge zur Verfügung stehenden Pfarrer eine engere Kooperation zwischen den Gemeinden erforderlich.
Als verbindliche Eckdaten hat Erzbischof Joachim Kardinal Meisner daher eine Reduzierung der Seelsorgebereiche von zurzeit 221 auf 200 vorgegeben. Je Seelsorgebereich soll nur noch ein kanonischer, das heißt kirchenrechtlich verantwortlicher Pfarrer, ernannt werden. Bereits ab 2009 soll es nur noch einen Pfarrgemeinderat pro Seelsorgebereich geben. Den Pfarrgemeinden bleibt nach dem derzeitigen Stand lediglich die Wahl, bis zum 1. Januar 2011 die Pfarrverbände in eine Pfarreien-Gemeinschaft umzuwandeln oder gleich zu einer Pfarrgemeinde zu fusionieren. Auf die Fusion entfielen im Priesterrat 28 Stimmen, für die Wahlmöglichkeit zwischen Fusion und Pfarreiengemeinschaft 50 Stimmen.
In einer Pfarreien-Gemeinschaft sind die Pfarrgemeinden weiter selbstständig. Es gibt aber nur einen Pfarrgemeinderat und einen Kirchengemeindeverband. Die Kirchenvorstände bleiben weiter bestehen. Die wichtigsten Aufgaben wie die Anstellungsverhältnisse und die Betriebsträgerschaft von Kindertagesstätten, Büchereien, Jugend- und Senioreneinrichtungen sowie die Pastoral werden jedoch auf die Ebene des Seelsorgebereiches verlegt.
Ob es die Alternative der Pfarreien-Gemeinschaft überhaupt geben wird, ist jedoch noch keinesfalls sicher. „Das will der Erzbischof noch in diesem Jahr entscheiden. Eigentlich will er die Fusion", sagt Pfarrer Udo Maria Schiffers als Leiter des Pfarrverbandes Königswinter-Am Oelberg, zu dem sich die Pfarrgemeinden aus Ittenbach, Oberpleis, Stieldorf und Thomasberg/Heisterbacherrott zusammengeschlossen haben. Bis dahin sind den Gemeinden auch noch die Hände gebunden.
Nachdem sich in der Vergangenheit nur 61 Seelsorgebereiche für eine Pfarreien-Gemeinschaft oder Fusion entschieden, jedoch 160 für Pfarrverbände, sieht sich das Erzbistum zum Handeln gezwungen. Im Bergbereich von Königswinter bedeutet das, dass aus bislang vier Pfarrgemeinderäten bis in zwei Jahren ein einziger gebildet werden muss. Statt den beiden kanonischen Pfarrern Schiffers (Ittenbach, Heisterbaclrerrott/Thomasberg) und Dirk Baumhof (Oberpleis, Stieldorf) wird es ab 2011 nur noch einen geben. Er ist Vorsitzender des oder der Kirchenvorstände und Dienstvorgesetzter für alle anderen Dienste, also auch des Pfarrvikars. Dieser darf zwar alle priesterlichen Dienste verrichten, hat aber keine kirchenrechtliche Leitungsfunktion.
„Kanonische Pfarrer sind nicht einfach absetzbar. Ich weiß nicht, ob der Bischof das entscheiden kann oder ob wir das untereinander auskegeln müssen", sagt Schiffers. Er ist 63 Jahre alt, was für einen katholischen Pfarrer allerdings noch kein Alter ist. Mit 65 dürfen Priester nur mit ärztlichem Attest in den Ruhestand gehen. Mit 70 ist dafür keine Begründung mehr erforderlich. Wer gesund und bei Kräften ist, kann bis zu seinem 75. Lebensjahr als Pfarrer arbeiten.
Schiffers denkt noch nicht an seine Pensionierung. Mehr als um die eigene Zukunft sorgt er sich jedoch um die Perspektiven für die Pfarreien. „Wir müssen bedenken, dass das Leben in den Gemeinden stattfindet und nicht auf Seelsorgebereichsebene. Wo eine Kirche ist, entsteht Gemeinde und Vertrauen. Und Vertrauen ist die einzige Basis für wirkliche Seelsorge", so Schiffers. Die Nähe zwischen dem Pastor und den Gläubigen müsse erhalten bleiben.
In diesem Zusammenhang fällt ihm ein Bild ein, das das geänderte Berufsbild der Pfarrer beschreibt. „Wir werden immer mehr von Schafhirten zu Rinderhirten, die um eine immer größere und unüberschaubarere Herde herumgaloppieren." Auch müsse die Kirche Zeichen gegen manche Trends, wie etwa im Einzelhandel, setzen. „Wir sollten nicht sagen, wir machen den kirchlichen Supermarkt auf, sondern den geistlichen Tante-Emma-Laden pflegen, der Menschen wegen."
Quelle: General-Anzeiger vom 19. Juni 2007 |