Chronik

28. November 2006

“Das Erzbistum hat uns im Regen stehen lassen”
BETREUUNG
Eltern wollen den katholischen Kindergarten in Thomasberg retten. Morgen findet die Gründungsversammlung der neuen Initiative statt. Keine Angst vor Konkurrenz im Ort

TH_Zukunft_Kindergarten

Eitel Sonnenschein herrscht beim Sommerfest des Thomasberger Kindergartens in diesem Jahr. Doch die Einrichtung ist bedroht.       FOTO: FRANK HOMANN

Von
Hansjürgen Melzer

THOMASBERG. Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner! Diesen Spruch haben jetzt Elternrat und Elternschaft des Katholischen Kindergartens in Thomasberg beherzigt. Sie gründen am Mittwoch, 29. November, eine Elterninitiative, um die beliebte Einrichtung, die im Ort nur Kindergarten „Auf dem Hasensprung" heißt, zu retten.
Gerade erst hat der Kindergarten von der Kreissparkassen-Stiftung eine großzügige Spende in Höhe von 5 000 Euro für neue Spielgeräte erhalten. Doch das Erzbistum will die Einrichtung der Pfarrgemeinde St. Joseph und St. Judas Thaddäus spätestens im Sommer 2008 aus der kirchlichen Finanzierung entlassen: Bereits in diesem Jahr war die erste von vier Gruppen geschlossen worden. Den Kindergarten, der in diesem Jahr 32 Jahre alt wurde, besuchen zurzeit 70 Kinder in zwei „normalen" und einer Tagesstättengruppe.
„In Zusammenarbeit mit dem Kindergartenteam und dem Kirchenvorstand haben Elternrat und Elternschaft gemeinsam einen Gründungsvorstand gebildet", sagt die Elternratsvorsitzende Irina Wistoff. Die acht Beteiligten werden morgen eine weitere Kindergarten - Elterninitiative gründen, bereits die fünfte im Ort und die 17. im gesamten Stadtgebiet. „Wir haben eine ganz starke Elternschaft, die sich seit zwei Jahren in dieser Frage engagiert hat. Die Gründung einer Elterninitiative war für uns dabei nicht die erste Wahl", berichtet Wistoff. Die Eltern hätten sich in zahlreichen und zum Teil sehr persönlichen Briefen und Telefonaten ans Erzbistum gewandt. "Doch da gab es keine Reaktion: Das Erzbistum' hat uns im Regen stehen lassen", so Wistoff. Was umso bedauerlicher sei, weil viele Eltern sich sehr bewusst für einen, katholischen Kindergarten entschieden hätten. Als sich das Erzbistum die Trägerschaft selbst im Falle einer städtischen Sonderfinanzierung abgeben würde, sahen sich die Eltern zum Handeln gezwungen. „Da haben wir uns gesagt, dann machen wir es eben selbst", sägt Wistoff. Zumal Stadt und Kreis stets erklärt haben, dass für sie eine eigene Trägerschaft nicht in Frage komme.
Das Kreisjugendamt hat aber auch einen Überhang von zwei Gruppen in Thomasberg festgestellt, weshalb die Stadt auch nur für zwei Gruppen die Sonderfinanzierung übernehmen will, was die Schließung einer weiteren Gruppe bedeuten würde. „Nachdem wir bereits eine Gruppe freiwillig abgegeben haben, sollte der Überhang nicht nur bei uns abgebaut werden", fordert jedoch die Elternratsvorsitzende.
Eine Umfrage unter den Eltern hätte ergeben, dass für das spezielle Angebot ihres Kindergartens ein großer Bedarf bestehe. Dazu zählen die neue Tagesstättengruppe und die Reggio-Pädagogik als Konzept. Von den Eltern bekam die Einrichtung im übrigen die Note Zwei plus. „Das ist ein klares Signal auch an die Stadt, die bestehende Einrichtung fortzuführen. Wir erwarten, dass sie uns wie alle anderen Elterninitiativen auch unterstützen wird", meint Wistoff.
Vor der Konkurrenz mit den anderen vier Elterninitiativen vor Ort hat sie keine Angst. „Das ist doch ein gesunder Wettbewerb", sagt sie. Allerdings erwartet sie, dass die neue Initiative bei der Förderung mit den Wettbewerbern gleich gestellt wird. „Unser Kindergarten ist alles andere als ein Auslaufmodell. Wir wollen, dass er für die Zukunft fit gemacht wird." Den Eltern ist dabei klar, dass zahlreiche Verhandlungsrunden mit Stadt, Kreis und Erzbistum auf sie zukommen werden. Fraglich ist vor allem, wie Köln auf die Übernahmepläne der Elternschaft reagieren wird. Wistoff: „Bis zum 31. Juli 2008 steht die Kirche ja noch im Wort. Doch egal zu welchem Zeitpunkt. Wir stehen bereit".

Quelle: General-Anzeiger vom 28.11.2006